Zum 1. Januar 2012 wurden für umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen neue Nachweispflichten eingeführt. Für Warenlieferungen ins EU-Ausland wurden alle bislang geltenden Nachweismöglichkeiten per Rechtsverordnung abgeschafft und durch einen einzigen Beleg ersetzt, die sogenannte Gelangensbestätigung. Dabei handelt es sich um eine Bestätigung des Abnehmers, dass er die Ware an einem bestimmten Tag und Ort erhalten hat.
Eigentlich wollte das Bundesfinanzministerium Ende Mai das überfällige Einführungsschreiben zur Gelangensbestätigung veröffentlichen, in dem eine ganze Reihe von Erleichterungen für die Praxis vorgesehen sind. Es wäre auch höchste Zeit gewesen, weil die Übergangsregelung, nach der auch die alten Nachweismöglichkeiten noch akzeptiert werden, am 30. Juni 2012 ausgelaufen wäre. Doch am Entwurf des Schreibens hatten die Wirtschafts- und Steuerberaterverbände neben Lob für die geplanten Erleichterungen auch heftige Kritik geäußert.
Abgesehen von der Tatsache, dass das Schreiben nur wenige Wochen vor Ablauf der Übergangsregelung veröffentlicht worden wäre und den Unternehmen damit kaum Zeit für die Umstellung bleibt, war der wichtigste Kritikpunkt, dass einige der vorgesehenen Erleichterungen im direkten Widerspruch zu den Vorschriften in der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) stehen. Das ist deshalb von Bedeutung, weil die Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums im Gegensatz zur UStDV keine Gesetzeskraft hat. Spätestens bei einem gerichtlichen Streit über den Belegnachweis kann das für ein Unternehmen fatale Folgen haben, weil die Finanzgerichte nur durch die Gesetze gebunden sind, aber nicht durch die internen Richtlinien der Finanzverwaltung.
Das Bundesfinanzministerium hat auf die Kritik gehört und nun statt der endgültigen Fassung der Verwaltungsanweisung ein anderes Schreiben veröffentlicht, mit dem die Übergangsregelung verlängert wird. Die Übergangsregelung soll nun solange gelten, bis auch die UStDV an die geplanten Erleichterungen angepasst wurde. Erst dann ist auch die Veröffentlichung der Verwaltungsanweisung vorgesehen. Die Anpassung der UStDV ist momentan zum 1. Januar 2013 geplant, sodass zumindest bis Ende 2012 der Belegnachweis für eine innergemeinschaftliche Ausfuhrlieferung auch nach der alten Rechtslage möglich ist.
Wer stattdessen schon jetzt die Gelangensbestätigung nutzt, muss sich jedoch strikt an die Vorgaben in der UStDV halten, weil es keine Garantie gibt, dass die geplanten Erleichterungen auch rückwirkend gelten werden. Auch der Umfang und die Art der Erleichterungen wird wohl gegenüber dem bereits veröffentlichten Entwurf des Einführungsschreibens noch an der einen oder anderen Stelle angepasst. Aus dem Entwurf lässt sich allerdings zumindest grob erahnen, wie die Erleichterungen aussehen werden. Daher ist hier ein Überblick über die bisher geplanten Erleichterungen, ohne dass es eine Garantie gibt, dass eine bestimmte Regelung auch genau so tatsächlich umgesetzt wird:
Formvorschriften: Der amtliche Vordruck ist nicht verbindlich, sondern dient nur als Vorlage für die Gelangensbestätigung. Daher muss sich die Bestätigung auch nicht zwingend aus einem einzigen Beleg ergeben, und in vielen Fällen kann die generell erforderliche Unterschrift des Abnehmers auch von einem Dritten geleistet werden. Außerdem ist es möglich, die Gelangensbestätigung elektronisch zu übermitteln, wobei dann keine Unterschrift erforderlich ist.
Handhabung: Eigentlich muss der Unternehmer die Gelangensbestätigung grundsätzlich in seinen eigenen Unterlagen aufbewahren. In bestimmten Fällen soll es aber ausreichend sein, wenn der Spediteur die Bestätigung verwahrt. Daneben muss bei mehreren Lieferungen an denselben Abnehmer nicht für jede einzelne Lieferung eine Bestätigung erstellt werden, sondern es genügt dann, eine Sammelbestätigung zu erstellen.
Alternativnachweise: Abhängig vom Transportweg und der Art der gelieferten Ware sind auch Alternativnachweise zur Gelangensbestätigung möglich. So genügt beim Postversand ein Posteinlieferungsschein und beim Transport durch einen Kurierdienst kann der Nachweis zum Beispiel über den Kurierauftrag mit Tracking&Tracing-Protokoll und den Zahlungsnachweis erbracht werden. In Versendungsfällen kann der Nachweis ein Versendungsbeleg sein, aus dem sich die Entgegennahme der Lieferung ergibt. Bei Fahrzeugen kann die Gelangensbestätigung durch einen Zulassungsnachweis ersetzt werden, und bei der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren genügt die EMCS-Erledigungsnachricht als Gelangensbestätigung.